Inhouse-Seminar

Auch Claudia kann Klartext

In einem mittelständischen Unternehmen führte ich ein 2-tägiges Inhouse-Seminar mit dem Titel „Elegant und erfolgreich Konfliktgespräche führen“ durch. An diesem Seminar nahmen 12 Frauen teil. Einige von ihnen waren junge Frauen, die  im internen Führungskräfteentwicklungsprogramm teilnahmen. Vor allem jedoch nahmen Teamleitungen, sowie zwei erfahrene Bereichsleitungen teil.

Die Herausforderung

Im Unternehmen herrschte eine klar männerdominierte Kultur. Führungsstärke wurde vor allem durch starke Seilschaften, wie durch souveränes Auftreten in meetings demonstriert. Die Damen kämpften gegen weibliche Klischees an allen Fronten: Sie wurden wegen ihre emphatischen Mimik, ihrer hohen Stimme, ihrer teils unsicheren Körpersprache und wackeligen Tonlage kritisiert; jedoch nicht direkt, sondern vor allem durch Kommentare, wie z. B. „na ja, die Zeiten mögen sich ändern, aber meine Damen: Some things never change.“
Das dominant wirkende Meeting-Verhalten der überwiegend männlichen Teilnehmer verunsicherte vor allem die Projektleiterinnen, wie auch die Nachwuchskräfte. Es war eine Herausforderung, junge Frauen für Führungspositionen zu finden. Denn zu viele der kompetenten Nachwuchskräfte antworteten auf die Frage, ob sie an der Führungskräfteentwicklung teilnehmen wollten mit: „Einerseits würde ich schon wollen. Aber das tu‘ ich mir echt nicht an.“
Die beiden Trainingstage waren vor allem auf die Schwerpunkte „kulturelle Unterschiede zwischen Männern und Frauen“, wie auch „weiblich sicher kommunizieren“ abgestimmt.
Am ersten Tag erhielt die Teilnehmerrunde Informationen über die unterschiedlichen Kultur- und Verhaltensmuster von Frauen und Männern. Wir simulierten einige kurze Übungen, in denen die Dynamik zwischen dem weiblichen und dem männlichen Geschlecht klar ersichtlich wurde und filmten unter der Zustimmung aller einzelne Sequenzen mit. Es war fast schon unheimlich, wie sich die Körpersprache einer Frau schlagartig verändert, wenn ein Mann (in diesem Falle ich als Trainer) auf eine Frau zugeht, ihr die Hand entgegenstreckt und dabei seine andere Hand auf ihre Schulter legt. Ganz zu schweigen von den verunsicherten Reaktionen einer Projektleiterin, wenn ein Mann während ihres Sprechens eine skeptische Miene macht. Auch die erfahrenen Führungsdamen waren erstaunt, wie stark  unbewusste und unkontrollierte Reaktionsmuster bei ihnen zu sehen waren, obwohl sie doch aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen mit männlichen dominanten Verhaltensweise umzugehen wussten.

 

Am zweiten Tag übten wir vor allem Projekt-, Meeting- und Präsentationsabläufe: Openings, Einbezug von Einwänden, Sprechen mit sicherer Stimme und Anwenden von verschiedenen Formulierungen. Es war ein Trainingstag, der vor allem die stimmige und  elegante Wirkung von Führungsfrauen zum Ziel hatte. Claudia reflektierte ihre Trainingserfahrungen mit besonderen Worten: „Ich hätte nie gedacht, dass ich meine freundliche Art mit Klartext und charmant schlagfertigen Kontern in Einklang bringen könnte. Ich habe immer von mir gedacht, dass ich mich einfach nur zusammenreißen und mit tieferer Stimme sprechen muss. Aber das hat ja eben so nie richtig funktioniert. Jetzt weiß ich, dass ich ich bleiben darf – und dass ein paar kleine Stellschräubchen schon große Wirkung entfachen. Ich kann Klartext – und trotzdem herzlich sein!  So cool! Ich werde auf jeden Fall weiter dran bleiben, vor allem, an meinem Mind-Set und an meiner Körpersprache. Die Effekte, wenn ein Mann mich unter Druck setzt, haben mich echt umgehauen. Das war mir so noch nie bewusst.“

Trainingsverlauf und Effekte

Das Ergebnis

Durch das Verständnis, warum Männer und Frauen sich unterschiedlich verhalten gelang es, die negative Bewertung im Mind-Set („Männer sind eine Bedrohung“) aus dem Spiel zu nehmen. Das erleichterte sowohl die persönliche Distanzierung, als auch die stimmliche und körperliche Gelassenheit. Diese beiden Parameter sind unerlässlich, damit strategische Überlegungen, wie z. B. wie möchte ich mich bei kritischen Stimmen während des Meetings verhalten überhaupt erst greifen können. Die Trainingseffekte entfalten sich jedoch erst, wenn mindestens ein Mann in der Runde dabei ist und der Fokus nicht nur allgemein auf Kommunikation, sondern vor allem auf die speziellen Interaktionsdynamiken zwischen Frauen und Männern gerichtet ist. Denn dann kann Frau ihre volle Power entfalten – und der gemeinsame Kontakt ist lockerer, zielgerichteter und verständnisvoller. Und mit dem hinzugewonnenen Selbstvertrauen macht die weibliche Führung erst so richtig Spaß!