Titel #2: Das Lächeln einer Frau
von Alexander Wisnewski
Was das Lächeln einer Frau bedeutet
https://www.br.de/puls/themen/leben/laechel-doch-mal-100.html
Immer wieder wird Frauen gesagt, sie sollen nicht so viel lächeln. Weil dadurch die falschen Botschaften gesendet würden. Die Bewertungen des weiblichen Lächelns gehen dabei über die gesamte Bandbreite: Von süß, nett, oder sympathisch über mystisch, unergründlich bis hin zu unterwürfig, anbiedernd oder auffordernd. Die Interpretationen dieser einfachen Geste sind also so unterschiedlich, wie wir Menschen es sind. Eines ist dabei allerdings sicher: Das weibliche Lächeln lässt niemanden unberührt.
Das Lächeln ist der kommunikative Top-Unterschied zwischen Frauen und Männern, einfach deshalb, weil das Lächeln einer Frau mit so viele unterschiedlichen kulturellen Bewertungen aufgeladen ist. Und damit ist es auch eines der Verhaltensweisen, die am häufigsten fehlinterpretiert werden. Ein hervorragender Grund, hinter die Fassaden des Lächelns zu blicken, damit wir es besser verstehen und einordnen können. Das macht den Kontakt untereinander klarer, einfacher und sympathischer.
In diesem Artikel geht es um:
– das WARUM: Warum lächeln Frauen so viel häufiger als Männer – und dabei oft, ohne es selbst zu merken?
– ein einfaches Experiment mit großem Wow-Effekt: Was das Lächeln für Frauen bedeutet.
– die häufigsten gesellschaftlichen Bewertungen des weiblichen Lächelns
– die Strukturierung des weiblichen Lächelns in drei Hauptgruppen aus meiner eigener Erfahrung
– Tipps und Impulse, damit die Kommunikation von Frau zu Frau und von Frau zu Mann klarer, besser verständlich und ungezwungener gelingt
Eine Frage der Kultivierung: Warum Frauen lächeln
Das weibliche Lächeln passiert oft automatisch, sodass es oft gar keine bewussten Gefühle ausdrückt. Mädchen lächeln häufiger, als Männer. Ich habe viele Jahre als selbständiger Heilpädagoge mit Kindergärten und Kinder- u. Jugendhilfeeinrichtugen zusammen gearbeitet. Ich hatte oft mit Erzieherinnen die Diskussion über das Lächeln. Viele von ihnen haben den ganzen Tag über gelächelt, auch dann, wenn sie ein Kind gemaßregelt haben. Darauf angesprochen war die häufigste Antwort: „Ich möchte den Kindern gegenüber immer freundlich sein. Sie sollen mir vertrauen. Deshalb möchte ich jeden Anschein von Zorn oder Aggression vermeiden.“
Psychologie-Professorin und Lächel-Forscherin Marianne LaFrance von der Yale-Universität meint dazu ebenfalls: Mädchen lächeln häufiger, als Jungen. Und Frauen entsprechend häufiger, als Männer. Es ist ein Automatismus, den sich Mädchen bereits in der frühen Kindheit von Frauen unbewusst abschauen. Doch deshalb den Frauen zu sagen „lächelt einfach weniger“, ist unsinnig. Denn es ist immer unsinnig, wenn wir Frauen vorschreiben, was sie zu tun (oder zu lassen) haben.
Was das Lächeln bedeutet
In der häufigsten männlichen Bewertung gilt Lächeln als Nettigkeits- bzw. Gefälligkeitsgeste und daher als schwach bzw. unterlegen. Gerade im Business gilt die informelle Regel: Wer häufig lächelt, wird weniger ernst und somit als weniger kompetent wahrgenommen. Genau diese beiden Aspekte sind zugleich die am häufigsten formulierten Anliegen von Frauen: Ich möchte respektiert und ernst genommen werden. Genau hier liegt also der Hund begraben: Frauen werden zum Lächeln erzogen und adaptieren in jungen Jahren auch ganz beiläufig das Lächeln erwachsener Frauen. Doch die Bewertung dieses typischen Verhaltensmusters wird im Businessumfeld als unterlegen, schwach und lieblich deklariert – übrigens von Männern und Frauen gleichermaßen.
Ein Experiment mit großem AHA-Effekt
Marianne La France hat mit ihren Student innen ein Experiment gemacht: Männliche Probanden sollten einen Tag von früh bis spät lächeln. Frauen sollten einen Tag so gut es geht darauf verzichten.
Das Ergebnis: Für beide Probandengruppen war es sehr schwierig, gegen die gewohnten Verhaltensmuster zu arbeiten. Männer haben sich unmännlich gefühlt (schwach und unterlegen). Und die Frauen als unweiblich. Sie erlebten sich unfreundlich und so, als würden sie wütend rüberkommen. Prof. La France dazu: „Frauen haben oft das Gefühl, nett sein zu müssen. Was wir brauchen ist eine Veränderung in der gesellschaftlichen Bewertung. Nämlich dass Frauen etwas wert sind, wenn sie kompetent, schlau, selbstbewusst und fähig sind.“ Das bringt es voll und ganz auf den Punkt.
Meine persönlichen Erfahrungen
Frauen sind sich gar nicht bewusst, wie oft sie lächeln. Ob bei einem flüchtigen Blickkontakt, in einer Verhandlung oder am Telefon. Das Lächeln ist ein Teil der weiblichen gesellschaftlichen Identität.
Ich persönlich unterscheide drei Arten des Lächelns bei Frauen:
1) Das Höflichkeitslächeln (soziales Lächeln):
Frauen lächeln häufig beim ersten Blickkontakt, ohne, dass es ihnen bewusst ist. Dieses Lächeln ist oft flüchtig, im Vorbeischweifen des Blickes oder von der Dauer eines kurzen direkten Blickkontaktes. Danach blicken Frauen oft nach unten oder seitlich vorbei am (männlichen) Gesprächspartner um nach der Höflichkeitsgeste sofort eine gewisse Distanz herzustellen. Am besten erkennt man die Arten des Lächelns in der Verbindung mit der Körpersprache. Das Höflichkeitslächeln geschieht oft im Vorbeigehen, beim messages schreiben am Smartphone, im Aufzug, der U-Bahn („darf ich mal bitte durch?“) oder zu Beginn eines meetings bzw. Seminars. Die restliche Körpersprache signalisiert häufig: „Ich bin gerade mit etwas anderem beschäftigt. Aber ich will dir ein kurzes, höfliches Zeichen meiner Aufmerksamkeit schenken. Einfach, weil es dazugehört.“ Deshalb ist das Höflichkeitslächeln nicht mit persönlichem Anlächeln zu verwechseln.
2) Das Verlegenheits- oder Unsicherheitslächeln.
Es geschieht häufig, nach dem Erstkontakt z. B. nach dem ersten Handschlag oder dem ersten „Hallo“ wenn eine Frau danach unsicher bzw. noch unentschieden ist, wie sie den Kontakt weitergestalten möchte. Frauen lassen unbewusst den Männern häufig den Vortritt im Ergreifen des Wortes (Beispiel: Bei einem Telefonat brauche ich häufig nur leicht einzuatmen – und schon neigt die Mehrheit der weiblichen Gesprächspartnerinnen dazu, mitten im Satz das Sprechen aufzuhören). Daher überbrücken sie den Zeitraum, in dem keiner etwas sagt mit Lächeln, um nicht als zu forsch, zu offensiv oder als rechthaberisch zu wirken. Auch hier sind die anderen Körpersprachensignale wichtig: Diese Art des Lächelns geht oft mit im Stehen übereinander geschlungenen Beinen, dem leichten Senken des Kopfes oder einer Verlegenheitsgeste, wie das Legen des Fingers an den Mund einher. Es kann Unsicherheit oder Unschlüssigkeit signalisieren, bis hin zu höflichem Überspielen von Desinteresse. Bei dieser Geste beziehe ich häufig höfliche Bemerkungen der Klarheit in das Gespräch ein z. B. „Ich hoffe, das ist für Sie von Interesse – und falls nicht, bitte ich gleich um einen direkten Hinweis, welches Thema ihrer Aufmerksamkeit gerade mehr entspricht. Gibt es etwas, das mehr von Interesse für Sie wäre, als das aktuelle Thema?.“ Als männlicher Gesprächspartner achte ich bei dieser Geste sowohl auf etwas mehr körperlichen Abstand, auf eine langsamere Sprechgeschwindigkeit und auf die Reduzierung ausfallender Gesten. Auch wenn die meisten Frauen mit „nein, nein, ich finde das Gespräch sehr interessant“ antworten, mache ich mehr Sprechpausen und streue immer wieder Fragen ein. Dadurch ergibt sich eine bessere Verteilung der Redeanteile. Vor allem das körpersprachliche Angleichen, ohne den Anderen dabei eins zu eins zu kopieren schafft Vertrauen. Und für mich als Mann dadurch weder eine Reduzierung meiner Männlichkeit, noch ein Verbiegen meiner Persönlichkeit.
3) Das selbstsichere Lächeln
Der große Unterschied des selbstsicheren oder ausgelassnen (fröhlichen) Lächeln ist, dass es ganz und gar von innen heraus kommt. Meine Gesprächspartnerin fühlt sich wohl und sicher und gibt deshalb sichtlich mehr kontrollierte Haltung zugunsten von körpersprachlicher Nahbarkeit ab. Der Oberkörper geht dabei häufig nach vorne, die Hände gestikulieren oft in die Richtung des Gesprächspartners. Weibliche Eleganz strahlt dabei ebenso von innen heraus, wie die pure, ausgelassene Energie z. B. beim Feiern oder beim Karaoke singen nachts um zwei auf der aftershow-Party eines Messetages. Hier geht es nicht mehr so sehr um Höflichkeit oder ein Annähern in der Kommunikation. Hier geht darum, sich ein wenig zu öffnen (beispielsweise in einem vertrauensvolleren Gespräch) bis hin zu ausgelassener Lebendigkeit.
In a nutshell: Das Lächeln einer Frau für sich alleine zu nehmen, ist ein großer Fehler, den vor allem Männer häufig begehen („Wieso, sie hat doch gelacht, also findet sie mich attraktiv.“). Doch auch bei Frauen unter Frauen muss ein Lächeln keine pure Sympathie bedeuten. Oft werden auch hier die kleinen Nuancen von Konkurrenzverhalten, vorgetäuschter Harmonie bis hin zur Feindseligkeit übersehen.
Alles in allem ist das Lächeln einer Frau ein Geschenk, denn wie oben schon erwähnt: Es lässt niemanden kalt.
Tipps und Impulse für eleganten und weiblichen Kontakt im Business
Würden wir alle mehr lächeln, käme uns das allen mehr zu Gute. Ich lächle gerne, einfach weil ich Lust und Freude am guten Kontakt zu meinen Mitmenschen habe. Ich weiß von einer gewissen persönlichen Strenge meiner Mimik, wenn ich konzentriert in ein Gespräch vertieft bin.
Deshalb trainiere ich meine Mimik immer wieder vor der Kamera, sei es bei Praxisübungen in den Seminaren, die wir mitfilmen oder bei Selbstaufnahmen für meines Posts. Es ist nicht nur erheiternd, sondern auch interessant und lehrreich, sich selbst bei der Kommunikation zu beobachten.
Wie sehe ich aus, wenn ich konzentriert bin?
Wie, wenn ich einfach so etwas erzähle?
Wenn ich jemandem vertraue?
Und wenn ich den ersten Kontakt zu jemandem aufnehme?
Denn Eleganz in der Kommunikation und im Auftreten bedeutet, sich selbst bewusst darüber zu sein, wie ich schaue, wie ich stehe und welche Mimik und Gestik ich gerade einsetze. Schließlich haben wir doch alle gemeinsam ein Ziel im zwischenmenschlichen Kontakt: Es soll Freude machen, mit mir Zeit zu verbringen und mit mir zu sprechen. Dann klappt’s auch besser mit der Zuverlässigkeit und dem „gern geschehen“ in der Zusammenarbeit.